Weber Freischütz Lyrics

Der Freischütz
(Il franco cacciatore)
Oper in 3 Akten
Text von Friedrich Kind

Personen / Cast

Ottokar, regierender Fürst / reigning Prince (Baritone)
Kuno, Erbförster / hereditary forester (Bass)
Agathe, seine Tochter / his daughter (Soprano)
Ännchen, eine Verwandte / a relative (Soprano)
Kaspar (Bass) and Max (Tenor), Jägerburschen / young hunters
Samiel, der schwarze Jäger / the Black Hunter (Sprechrolle)
ein Eremit / an Hermit (Bass)
Kilian, reicher Bauer / wealthy farmer (Baritone)
Brautjüngfern / bridesmaids(Soprano)

Jäger, Landleute, Erscheinungen, Brautjüngfern, Gefolge des Fürsten
Hunters, Peasants, Spirits, Bridesmaids, Followers of the Prince

Ort und Zeit der Handlung: Böhmen, nach Beendigung der Dreißjährigen Krieg.
Place and Time: Bohemia, after the Thirty Years' War

ERSTE AKT

Szene I

Volk
Ah, ah! Brav! Herrlich getroffen!

Max
Glück zu, Bauer!

Bauern
Viktoria! Viktoria!
Der Meister soll leben,
Der wacker dem Sternlein den Rest hat gegeben!
Ihm gleichet kein Schütz von fern und von nah!
Viktoria! Viktoria! Viktoria!

Max
Immer frisch! Schreit! Schreit!
War ich denn blind? Sind denn die Sehnen dieser Faust erschlafft?

Kilian
Schau der Herr mich an als König!
Dünkt Ihm meine Macht zu wenig?
Gleich zieh Er den Hut, Mosje!
Wird Er, frag ich, he, he, he?

Volk
Wird Er - frag ich? Wird Er - frag ich?
Gleich zieh Er den Hut, Mosje!

Kilian
Stern und Strauß trag ich vorm Leibe!
Kantors Sepherl trägt die Scheibe!
Hat Er Augen nun, Mosje?
Was traf Er denn, he, he, he?

Kilian
Darf ich etwa Eure Gnaden
's nächste Mal zum Schießen laden?
Er gönnt andern was, Mosje!
Nun, Er kommt doch, he, he, he?

Max
Laßt mich zufrieden oder. . .!

Szene II

Kuno
Was gibt's hier? Wer untersteht sich, meinen Burschen anzutasten?

Kilian
Alles in Güte und Liebe, werter Herr Erbförster, gar nicht böse gemeint! Es ist Herkommen bei uns, daß, wer stets gefehlt hat, vom Königsschuß ausgeschlossen und dann ein wenig gehänselt wird - alles in Güte und Liebe.

Kuno
Stets gefehlt? Max! Max! Ist's möglich? Du, sonst der beste Schütze weit und breit! Seit vier Wochen hast du keine Feder nach Hause gebracht, und auch jetzt. . .?

Kaspar
Glaube mir, Kamerad: es hat dir jemand einen Weidmann gesetzt, und den mußt du lösen, oder du triffst keine Klaue.

Kuno
Possen!

Kaspar
Laß dir raten, Kamerad! Geh nächsten Freitag auf einen Kreuzweg, zieh mit dem Ladestock oder einem blutigen Degen einen Kreis um dich und rufe dreimal den großen Jäger...

Kuno
Schweig, vorlauter Bube! Du bist ein Tagedieb, ein Schlemmer, ein falscher Würfler... hüte dich, daß ich nicht noch Ärgeres von dir denke. Max, sieh dich vor! Ich bin dir wie ein Vater gewogen; es freut mich, daß der Herr Fürst Sohnesrecht auf den Eidam übertragen will, aber, wenn du morgen beim Probeschuß fehltest, müßt' ich dir doch das Mädchen versagen.

Max
Morgen! Morgen schon!

Einige Jägern
Was ist das eigentlich mit dem Probeschusse? Schon oft haben wir davon gehört.

Kuno
Mein Urältervater, der noch im Forsthause abgebildet steht, hieß Kuno, wie ich, und war fürstlicher Leibschütz. Einst trieben die Hunde einen Hirschen heran, auf dem ein Mensch angeschmiedet war - so bestrafte man in alten Zeiten die Waldfrevler. Dieser Anblick erregte das Mitleid des damaligen Fürsten. Er versprach demjenigen, welcher den Hirsch erlege, ohne den Missetäter zu verwunden, eine Erbförsterei und zur Wohnung das nah gelegene Waldschlößchen. Der wackere Leibschütz besann sich nicht lange. Er legte an und der Hirsch stürzte, und der Wilddieb war, obwohl im Gesicht vom Dorngebüsch zerkratzt, doch im übrigen unversehrt.

Volk
Das war ein Meisterschuß!

Kuno
Auch mein Urvater freute sich sehr, und der Fürst erfüllte in allem seine Zusage.

Kilian
Also davon schreibt sich der Probeschuß her, Nachbarn und Freunde. Nun weiß man's doch auch!

Kuno
Hört noch das Ende! Es ging damals wie jetzt, daß der böse Feind immer Unkraut unter den Weizen sät. Kunos Neider wußten es an den Fürsten zu bringen, der Schuß sei mit Zauberei geschehen, Kuno habe nicht gezielt, sondern eine Freikugel geladen.

Kaspar
Dacht' ich's doch! Hilf zu, Samiel!

Kilian
Eine Freikugel? Das sind Schlingen des bösen Feindes; meine Großmutter hat mir's einmal erklärt. Sechse treffen, die siebente gehört dem Bösen; der kann hinführen, wohin's ihm beliebt.

Kaspar
Alfanzerei! Nichts als Naturkräfte!

Kuno
Aus diesem Grunde machte der Fürst bei der Stiftung den Zusatz: "Daß jeder von Kunos Nachfolgern zuvor einen Probeschuß ablege, schwer oder leicht, wie es der regierende Fürst anzubefehlen geruhe". Doch genug nun! Wir wollen uns auf den Weg machen! Du aber, Max, magst noch einmal zu Hause nachsehen, ob sämtliche Treibleute angelangt sind. Nimm dich zusammen! Der Weidmann, der dir gesetzt ist, mag die Liebe sein. Noch vor Sonnenaufgang erwarte ich dich beim Hoflager.

(Terzett und Chor)

Max
Oh, diese Sonne,
Furchtbar steigt sie mir empor!

Kuno
Leid oder Wonne,
Beides ruht in deinem Rohr!

Max
Ach, ich muß verzagen,
Daß der Schuß gelingt!

Kuno
Dann mußt du entsagen!

Kaspar
Nur ein keckes Wagen
Ist's, was Glück erringt!

Max
Agathen entsagen,
Wie könnt' ich's ertragen?
Doch mich verfolget Mißgeschick!

Chor
Seht, wie düster ist sein Blick!
Ahnung scheint ihn zu durchbeben!

Jägern
O laß Hoffnung dich beleben,
Und vertraue dem Geschick!

Max
Weh mir! Mich verließ das Glück!
Unsichtbare Mächte grollen,
Bange Ahnung füllt die Brust!
Nimmer trug' ich den Verlust!

Kuno
So's des Himmels Mächte wollen,
Dann trag männlich den Verlust!

Kaspar
Mag Fortunas Kugel rollen;
Wer sich höhrer Kraft bewußt,
Trotzt dem Wechsel und Verlust!

Chor
Nein, nein, nimmer trüg' er den Verlust!
Nein!

Kuno
Mein Sohn, nur Mut!
Wer Gott vertraut, baut gut!
Jetzt auf! In Bergen und Klüften
Tobt morgen der freudige Krieg!

Jägern
Das Wild in Fluren und Triften,
Der Aar in Wolken und Lüften
Ist unser, und unser der Sieg!

Bauern
Laßt l___ig die Hörner erschallen!

Jägern
Wir lassen die Hörner erschallen!

Alle
Wenn wiederum Abend ergraut,
Soll Echo und Felsenwand hallen:
Sa! Hussa, dem Bräut'gam, der Braut!

Szene III

Kilian
Ein braver Mann, der Herr Förster! Kommt auch in den Schenkgiebel, es wird schon recht dämmrig und schaurig. Wir wollen gute Freunde bleiben, wackerer Bursch! Ich gönne Ihm morgen das beste Glück! Jetzt schlag Er sich die Grillen aus dem Kopf, nehm Er ein Mädchen und tanz Er mit!

Max
Ja, es wär' mir wie tanzen!

Kilian
Nun, wie's beliebt!

Szene IV

Max
(Rezitativ)
Nein, länger trag ich nicht die Qualen,
Die Angst, die jede Hoffnung raubt!
Für welche Schuld muß ich bezahlen?
Was weiht dem falschen Glück mein Haupt?
(Arie)
Durch di Wälder, durch die Auen
Zog ich leichten Muts dahin;
Alles, was ich konnt' erschauen,
War des sichern Rohrs Gewinn.
Abends bracht' ich reiche Beute,
Und wie über eignes Glück,
Drohend wohl dem Mörder, freute
Sich Agathes Liebesblick!
(Rezitativ)
Hat denn der Himmel mich verlassen?
Die Vorsicht ganz ihr Aug' gewandt?
Soll das Verderben mich erfassen?
Verfiel ich in des Zufalls Hand?
(Arie)
Jetzt ist wohl ihr Fenster offen,
Und sie horcht auf meinen Schritt,
Läßt nicht ab vom treuen Hoffen:
Max bringt gute Zeichen mit!
Wenn sich rauschend Blätter regen,
Wähnt sie wohl, es sei mein Fuß;
Hüpft vor Freuden, winkt entgegen...
Nur dem Laub, nur dem Laub den Liebesgruß.
Doch mich umgarnen finstre Mächte!
Mich faßt Verzweiflung, foltert Spott!
O dringt kein Strahl durch diese Nächte?
Herrscht blind das Schicksal? Lebt kein Gott?
Mich faßt Verzweiflung, foltert Spott!

Szene V

Kaspar
Da bist du ja noch, Kamerad. Ich kann's nicht verschmerzen, daß du hier zum Spott der Bauern geworden bist. Teufel, die mögen gelacht haben! Ha, ha, ha! Was hilft's? Schlag dir's aus den Gedanken, Bruderherz!
Wie? Was? Bier hast du? Das taugt nicht zum Sorgenbrecher! Wein! Zwei Paßgläser! Kamerad, und kostete es mich den letzten Heller, ich kann dich nicht so traurig sehen! Du mußt mit mir trinken!

Max
Ich mag aber nichts.

Kaspar
Der Herr Förster soll leben!
Die Gesundheit deines Lehrherrn wirst du doch mittrinken?

Max
So sei's!

Kaspar
Nun laß uns eins singen!
(Lied)
Hier im ird'schen Jammertal
Wär' doch nichts als Plack und Qual,
Trüg' der Stock nicht Trauben;
Darum bis zum letzten Hauch
Setz ich auf Gott Bacchus' Bauch
Meinen festen Glauben!
Ei, du mußt mitsingen!

Max
Laß mich!

Kaspar
Jungfer Agathe soll leben! Wer die Gesundheit seiner Braut ausschlüg', wär' doch wahrlich ein Schuft!

Max
Du wirst unverschämt.

Kaspar
Eins ist eins und drei sind drei!
Drum addiert noch zweierlei
Zu dem Saft der Reben;
Kartenspiel und Würfellust
Und ein Kind mit runder Brust
Hilft zum ew'gen Leben!
Mit dir ist aber auch gar nichts anzufangen! Unser Herr Fürst soll leben! Wer nicht dabei ist, wär' ein Judas!

Max
Nun denn, aber dann auch keinen Tropfen mehr!

Kaspar
Ohne dies Trifolium
Gibt's kein wahres Gaudium
Seit dem ersten Übel.
Fläschchen sein mein Abc,
Würfel, Karte, Katherle
Meine Bilderfibel!

Max
Elender! Agathe hat recht, wenn sie mich immer vor dir warnt.

Kaspar
Willst du schon nach Hause?

Max
Ja, es wird Zeit. Das schlug sieben!

Kaspar
Bleib noch und laß dir raten! Dir könnte gar wohl geholfen werden!

Max
Mir geholfen?

Kaspar
Wie wär's, Kamerad, wenn ich dir noch heute zu einem recht glücklichen Schuß verhülfe, der Agathe beruhigte und zugleich euer morgendes Glück verbürgte? Da, nimm meine Büchse.

Max
Was soll ich damit?

Kaspar
Geduld! Zeigt sich denn nichts? Da, da! Siehst du den Stößer dort? Schieß!

Max
Bist du ein Narr? Es ist ganz düster, der Vogel schwebt wie ein schwarzer Punkt in der Luft, wolkenhoch über der Schußweite!

Kaspar
Schieß in T - Schellobers Namen! Ha, ha!

Max
Was lachst du? Wie Fittiche der Unterwelt kreist's dort oben... Was ist das?

Kaspar
Der größte Steinadler, den es gibt! Was für Fänge, und wie herrlich getroffen! Das wird dich bei den Bauern in Respekt setzen! Das wird Agathe erfreuen! So, Kamerad, dies als Siegeszeichen.

Max
Kaspar, ich bitte dich, ich beschwöre dich! Kaspar, ich bring dich um! Sag, was war das für eine Kugel?

Kaspar
Laß mich los! Sag mir, du, der wackerste Jäger, bist du oder stellst du dich nur so unerfahren? Wüßtest du wirklich nicht, was eine Freikugel sagen will?

Max
Albernes Geschwätz!

Kaspar
Da lernt man's doch besser unter dem Kriegsvolk. Wie kämen die Scharfschützen zurecht, die ihren Mann aus dem d___sten Pulverdampf herausschießen? Doch zu so etwas bedarf's anderer Künste als bloß zu zielen und loszudrücken.

Max
So wäre es doch wahr? Hast du noch mehr solche Kugeln?

Kaspar
Es war die letzte; sie haben gerade ausgereicht.

Max
Ausgereicht! Wie verstehst du das?

Kaspar
Weil sie in dieser Nacht zu bekommen sind.

Max
In dieser Nacht?

Kaspar
Ja doch! Max! Kamerad! Dein Schicksal steht unter dem Einfluß günstiger Gestirne! Heute, gerade in der Nacht zuvor, ehe du den Probeschuß tun, Amt und Braut dir gewinnen sollst, beut die Natur selbst sich zu deinem Dienst!

Max
Wohl! Mein Geschick wilI's! Schaff mir so eine Kugel!

Kaspar
Mehr als du brauchst! Aber bedarf der Mann eines Vormunds?

Max
Wie erlangt man sie?

Kaspar
Das will ich dich lehren. Sei Punkt zwölf Uhr in der Wolfsschlucht!

Max
Um Mitternacht... in der Wolfsschlucht? Nein! Die Schlucht ist verrufen, und um Mitternacht öffnen sich die Pforten der Hölle.

Kaspar
Pah! Wie du denkst! Ich bin dein Freund! Ich will dir gießen helfen!

Max
Auch das nicht.

Kaspar
So mach dich morgen zum Landesgespött! Verlier die Försterei und Agathe! Das Mädchen ist auf dich versessen, kann ohne dich nicht leben; sie wird verzweifeln! Du wirst, allen Menschen ein Spott, herumschleichen, vielleicht aus Verzweiflung.

Max
Agathe sterben! Ich in einen Abgrund springen! Ja, das wär' das Ende! Bei Agathes Leben, ich komme!

Kaspar
Schweig gegen jedermann! Es könnte dir und mir Gefahr bringen. Ich erwarte dich Glock zwölf!

Max
Ich dich verraten? Glock zwölf! Ich komme!

Szene VI

(Arie)

Kaspar
Schweig, schweig, damit dich niemand warnt!
Schweige, damit dich niemand warnt!
Der Hölle Netz hat dich umgarnt!
Nichts kann vom tiefen Fall dich retten,
Nichts kann dich retten vom tiefen Fall!
Umgebt ihn, ihr Geister, mit Dunkel beschwingt!
Schon trägt er knirschend eure Ketten!
Triumph, Triumph, Triumph, die Rache gelingt!

ZWEITE AKT

Szene I

(Duett)

Ännchen
Schelm, halt fest!
Ich will dich' lehren!
Spukerein kann man entbehren
In solch altem Eulennest.

Agathe
Laß das Ahnenbild in Ehren!

Ännchen
Ei, dem alten Herrn
Zoll ich Achtung gern;
Doch dem Knechte Sitte lehren,
Kann Respekt nicht wehren.

Agathe
Sprich, wen meinst du? Welchen Knecht?

Ännchen
Nun, den Nagel! Kannst du fragen?
Sollt' er seinen Herrn nicht tragen?
Ließ ihn fallen! War das nicht schlecht?

Agathe
Alles wird dir zum Feste,
Alles beut dir Lachen und Scherz!
O wie anders fühlt mein Herz!

Ännchen
Grillen sind mir böse Gäste!
Immer mit leichtem Sinn
Tanzen durchs Leben hin,
Das nur ist Hochgewinn!
Sorgen und Gram muß man verjagen!
Immer mit leichtem Sinn!

Agathe
Wer bezwingt des Busens Schlagen?
Wer der Liebe süßen Schmerz?
Stets um dich, Geliebter, zagen
Muß dies ahnungsvolle Herz.

Ännchen
So, nun wird der Altvater wohl wieder ein Jahrhundertchen festhängen.
Aber du hast das Tuch schon abgebunden?

Agathe
Sei ohne Sorgen, liebes Annchen! Der Schreck war das schlimmste! Wo nur Max bleibt?

Ännchen
Nun kommt er gewiß bald. Herr Kuno sagte ja bestimmt, daß er ihn noch einmal heimsenden werde. Unangenehm ist's freilich, in einem solchen verwünschten Schloß am Polterabend fast mutterseelenallein zu sein, zumal wenn sich so ehrwürdige, längst vermoderte Herrschaften mir nichts, dir nichts von den Wänden herabbemühen. Da lob ich mir die lebendigen und jungen!

Ännchen (Arietta)
Kommt ein schlanker Bursch gegangen,
Blond von Locken oder braun,
Hell von Aug' und rot von w___en,
Ei, nach dem kann man wohl schauen.
Zwar schlägt man das Aug' aufs Mieder
Nach verschämter Mädchen Art;
Doch verstohlen hebt man's wieder,
Wenn's das Bürschchen nicht gewahrt.
Sollten ja sich Blicke finden,
Nun, was hat das auch für Not?
Man wird drum nicht gleich erblinden,
Wird man auch ein wenig rot.
Blickchen hin und Blick herüber,
Bis der Mund sich auch was traut!
Er seufzt: Schönste! Sie spricht: Lieber!
Bald heißt's Bräutigam und Braut.
Immer näher, liebe Leuchten!
Wollt ihr mich im Kranze sehn?
Gelt, das ist ein nettes Bräutchen,
Und der Bursch nicht minder schön?

Agathe
Jetzt fühle ich mich um vieles leichter.

Ännchen
Erzähle doch! Noch weiß ich nicht, wie dein Besuch abgelaufen ist, außer daß dir der fromme Greis diese geweihten Rosen geschenkt hat.

Agathe
Er warnte mich vor einer unbekannten Gefahr. Nun ist seine Warnung in Erfüllung gegangen. Das herabstürzende Bild konnte mich töten!

Ännchen
Gut geklärt! So muß man böse Vorbedeutungen nehmen!

Agathe
Die Rosen sind mir nun doppelt teuer.

Ännchen
Wie wär's, wenn ich sie vors Fenster setzte?

Agathe
Tue das, liebes Ännchen!

Ännchen
Aber dann laß uns auch zu Bette gehn!

Agathe
Nicht eher, bis Max dagewesen ist!

Ännchen
Hat man nicht seine Not mit euch Liebesleuchten!

Szene II

Agathe (Arie)
Wie nahte mir der Schlummer,
Bevor ich ihn gesehn?
Ja, Liebe pflegt mit k__mer
Stets Hand in Hand zu gehn!
Ob Mond auf seinem Pfad wohl lacht?
Welch schöne Nacht!

Leise, leise, Fromme Weise!
Schwing dich auf zum Stemenkreise.
Lied, erschalle! Feiernd walle
Mein Gebet zur Himmelshalle!
O wie hell die goldnen Sterne,
Mit wie reinem Glanz sie glühn!
Nur dort in der Berge Ferne
Scheint ein Wetter aufzuziehn.
Dort am Wald auch schwebt ein Heer
Dunkler Wolken dumpf und schwer.
Zu dir wende Ich die Hände,
Herr ohn' Anfang und ohn' Ende!
Vor Gefahren
Uns zu wahren
Sende deine Engelscharen!
Alles pflegt schon längst der Ruh?
Trauter Freund, wo weilest du?
Ob mein Ohr auch eifrig lauscht,
Nur der Tannen Wipfel rauscht;
Nur das Birkenlaub im Hain
Flüstert durch die hehre Stille;
Nur die Nachtigall und Grille
Scheint der Nachtluft sich zu freun.
Doch wie? Täuscht mich nicht mein Ohr?
Dort klingt's wie Schritte!
Dort aus der Tannen Mitte
Kommt was hervor!
Er ist's! Er ist's!
Die Flagge der Liebe mag wehn!
Dein Mädchen wacht
Noch in der Nacht!
Er scheint mich noch nicht zu sehn!
Gott, täuscht das Licht
Des Monds mich nicht,
So schmückt ein Blumenstrauß den Hut!
Gewiß, er hat den besten Schuß getan!
Das kündet Glück für morgen an!
O süße Hoffnung, neu belebter Mut!
All meine Pulse schlagen,
Und das Herz wallt ungestüm,
Süß entzückt entgegen ihm!
Konnt'ich das zu hoffen wagen?
Ja, es wandte sich da Glück
Zu dem teuren Freund zurück,
Will sich morgen treu bewähren!
Ist's nicht Täuschung? Ist's nicht Wahn?
Himmel, nimm des Dankes Zähren
Für dies Pfand der Hoffnung an!

Szene III

Agathe
Bist du endlich da, lieber Max!

Max
Verzeiht, wenn ihr meinetwegen aufgeblieben seid!

Agathe
Du scheinst übel gelaunt. Wieder unglücklich gewesen?

Max
Nein, nein! Im Gegenteil! Sieh! Den größten Raubvogel hab ich aus den Wolken geholt!

Agathe
Sei doch nicht so hastig, du fahrst mir in die Augen!

Max
Vergib! Aber was ist das? Deine Locken sind blutig; um aller Heiligen willen, was ist dir begegnet?

Agathe
Nichts! Es heilt noch vorm Brautgang.

Ännchen
Das Bild dort fiel herunter...

Max
Dort, der Urvater Kuno?

Ännchen
Halb war Agathe selbst schuld. Wer hieß ihr auch, schon nach sieben Uhr immer ans Fenster zu laufen!

Max
Um sieben Uhr?

Ännchen
Du hörst's ja. Die Turmuhr drüben im Dorf hatte kaum ausgeschlagen.

Max
Seltsam! Um diese Zeit schoß ich den Bergadler.

Agathe
Was hast du?

Max
Nichts!

Agathe
Ich liebe dich ja so innig. Solltest du morgen nicht glücklich sein, gewiß, der Gram würde mich töten!

Max
Ebendarum... muß ich wieder fort! Ich habe... ich bin noch einmal glücklich gewesen.

Agathe
Noch einmal?

Max
Ja, doch, ja! Ich hab in der Dämmrung einen Sechzehnender geschossen; der muß noch hereingeschafft werden, sonst stehlen ihn nachts die Bauern.

Agathe
Wo liegt der Hirsch?

Max
Ziemlich weit, im tiefen Wald, bei der Wolfsschlucht. (Terzetto)

Agathe
Wie? Was? Entsetzen!
Dort in der Schreckensschlucht?

Ännchen
Der wilde Jäger soll dort hetzen,
Und wer ihn hört, ergreift die Flucht.

Max
Darf Furcht im Herz des Weidmanns hausen?

Agathe
Doch sündigt der, der Gott versucht!

Max
Ich bin vertraut mit jenem Grausen,
Das Mitternacht im Walde webt,
Wenn stummbewegt die Eichen sausen,
Der Häher krächzt, die Eule schwebt.

Agathe
Mir ist so bang, o bleibe!
O eile nicht so schnell!
Mir ist so bang!

Ännchen
Ihr ist so bang, o bleibe!
O eile nicht so schnell!

Max
Noch trübt sich nicht die Mondenscheibe,
Noch strahlt ihr Schimmer klar und hell;
Doch bald wird sie den Schein verlieren...

Ännchen
Willst du den Himmel observieren?
Das wär, nun meine Sache nicht!

Agathe
So kann dich meine Angst nicht rühren?

Max
Mich ruft von hinnen Wort und Pflicht!

Agathe, Max, Ännchen
Leb wohl! Lebe wohl!

Max
Doch hast du auch vergeben
Den Vorwurf, den Verdacht?

Agathe
Nichts fühlt mein Herz als Beben,
Nimm meiner Warnung acht!

Ännchen
So ist das Jägerleben!
Nie Ruh?bei Tag und Nacht!

Agathe
Weh mir, ich muß dich lassen!
Denk an Agathes Wort!

Max
Bald wird der Mond erblassen,
Mein Schicksal reißt mich fort!

Ännchen
Such, Beste, dich zu fassen!
Denk an Agathes Wort!

Szene IV

Stimmen der unsichtbaren Geister
Milch des Mondes fiel aufs Kraut!
Uhui! Uhui!
Spinnweb' ist mit Blut betaut!
Uhui! Uhui!
Eh' noch wieder Abend graut,
Uhui! Uhui!
Ist sie tot, die zarte Braut!
Uhui! Uhui!
Eh' noch wieder sinkt die Nacht,
Ist das Opfer dargebracht!
Uhui! Uhui! Uhui!

Szene V

Kaspar
Samiel! Samiel! Erschein!
Bei des Zaubrers Hirngebein!
Samiel! Samiel! Erschein!

Samiel
Was rufst du?

Kaspar
Du weißt, daß meine Frist
Schier abgelaufen ist...

Samiel
Morgen!

Kaspar
Verlängre sie noch einmal mir...

Samiel
Nein!

Kaspar
Ich bringe neue Opfer dir...

Samiel
Welche?

Kaspar
Mein Jagdgesell, er naht...
Er, der noch nie dein dunkIes Reich betrat!

Samiel
Was sein Begehr?

Kaspar
Freikugeln sind's, auf die er Hoffnung baut!

Samiel
Sechse treffen, sieben äffen.

Kaspar
Die siebente sei dein!
Aus seinem Rohr lenk sie nach seiner Braut
Dies wird ihn der Verzweiflung weihn,
Ihn und den Vater...

Samiel
Noch hab ich keinen Teil an ihr!

Kaspar
Genügt er dir allein?

Samiel
Das findet sich!

Kaspar
Doch schenkst du Frist?
Und wieder auf drei Jahr',
Bring ich ihn dir zur Beute dar!

Samiel
Es sei. Bei den Pforten der Hölle!
Morgen er oder du!

Szene VI

Kaspar
Trefflich bedient! Gesegn' es, Samiel! Er hat mir warm gemacht! Aber wo bleibt Max? Sollte er wortbrüchig werden? Samiel, hilf!

Max
Ha! Furchtbar gähnt
Der düstre Abgrund, welch ein Graun!
Das Auge wähnt
In einen Höllenpfuhl zu schaun!
Wie dort sich Wetterwolken ballen,
Der Mond verliert von seinem Schein!
Gespenst'ge Nebelbilder wallen,
Belebt ist das Gestein!
Und hier, husch, husch,
Fliegt Nachtgevögel auf im Busch!
Rotgraue narb'ge Zweige strecken
Nach mir die Riesenfaust!
Nein! Ob das Herz auch graust,
Ich muß! Ich trotze allen Schrecken!

Kaspar
Dank, Samiel! Die Frist ist gewonnen! Kommst du endlich, Kamerad? Ist das auch recht, mich so allein zu lassen? Siehst du nicht, wie mir's sauer wird?

Max
Ich schoß den Adler aus hoher Luft;
Ich kann nicht rückwärts, mein Schicksal ruft!
Weh mir!

Kaspar
So komm doch, die Zeit eilt!

Max
Ich kann nicht hinab!

Kaspar
Hasenherz! Klimmst ja sonst wie eine Gemse!

Max
Sieh dorthin! Sieh!
Was dort sich weist,
Ist meiner Mutter Geist!
So lag sie in Sarg, so ruht sie im Grab!
Sie fleht mit warnendem Blick!
Sie winkt mir zurück!

Kaspar
Hilf, Samiel! Alberne Fratzen! Hahaha! Sieh noch einmal hin, damit du die Folgen deiner feigen Torheit erkennest.

Max
Agathe! Sie springt in den Fluß!
Hinab! Hinab! Ich muß!

Kaspar
Ich denke wohl auch, daß du mußt!

Max
Hier bin ich! Was hab' ich zu tun?

Kaspar
Zuerst trink! Die Nachtluft ist kühl und feucht. Willst du selbst gießen?

Max
Nein! Das ist wider die Abrede.

Kaspar
So bleib außer Kreise, sonst kostet's dein Leben! Was du auch hören und sehen magst, verhalte dich ruhig. Käm' vielleicht ein Unbekannter, uns zu helfen, was kümmert's dich? Kommt andres, was tut's? Nur wenn du mich selbst erzittern siehst, dann komm mir zu Hilfe und rufe, was ich rufen werde, sonst sind wir beide verloren. Merk auf, was ich hineinwerfen werde, damit du die Kunst lernst. Hier erst das Blei. Etwas gestoßenes Glas von zerbrochenen Kirchenfenstern; das findet sich! Etwas Quecksilber! Drei Kugeln, die schon einmal getroffen! Das rechte Auge eines Wiedehopfes! Das linke eines Luchses! Probatum est! Und nun den Kugelsegen!

Schütze, der im Dunkeln wacht,
Samiel, Samiel, hab acht!
Steh mir bei in dieser Nacht,
Bis der Zauber ist vollbracht!
Salbe mir so Kraut als Blei,
Segn'es sieben, neun und drei,
Daß die Kugel tüchtig sei!
Samiel, Samiel, herbei!

Kaspar
Eins!

Echo
Eins!

Kaspar
Zwei!

Echo
Zwei!

Kaspar
Drei!

Echo
Drei!

Kaspar
Vier!

Echo
Vier!

Kaspar
Fünf!

Echo
Fünf!

Chor
Durch Berg und Tal, durch Schlund und Schacht,
Durch Tau und Wolken, Sturm und Nacht!
Durch Höhle, Sumpf und Erdenkluft,
Durch Feuer, Erde, See und Luft,
Jaho! Wauwau! ho! ho! ho! ho! ho! ho! ho! ho!

Kaspar
Wehe, das wilde Heer!
Sechs! Wehe!

Echo
Sechs! Wehe!

Kaspar
Samiel! Samiel! Hilf!
Sieben!

Echo
Sieben!

Max
Samiel!

Samiel
Hier bin ich!

DRITTE AKT

Szene I

Erster Jäger
Ein herrliches Jagdwetter!

Zweiter Jäger
Nimmermehr hätt' ich das geglaubt; bis gegen Morgen war ein Mordlärm!

Erster Jäger
Besonders in der Wolfsschlucht soll der böse Feind gehaust haben.

Zweiter Jäger
Das ist ein für allemal seiner Großmutter l___wäldchen.

Erster Jäger
Dort gibt's Windbrüche! Mannsdicke Stämme sind zersplittert wie Rohrstäbe, Riesentannen strecken die Wurzeln gegen Himmel.

Zweiter Jäger
Ja, man weiß schon, wer dort sein Wesen treibt.

Erster Jäger
Guten Tag!

Zweiter Jäger
Glück zu, Herr Exspektant!

Max
Gute Jagd!

Zweiter Jäger
Das ist ein Mordskerl! Er hat drei Schüsse getan, unsereiner kann nicht so weit sehen, geschweige denn treffen! Die Durchlaucht ist ganz versessen auf ihn.

Erster Jäger
Meinethalben! Komm!

Max
Gut, daß wir allein sind! Hast du noch von den Glückskugeln? Gib!

Kaspar
Bedenk, drei nehm ich, vier für dich! Kann ein Bruder redlicher teilen?

Max
Aber ich habe nur noch eine! Der Fürst hatte mich ins Auge gefaßt. Drei Schüsse hab ich getan zum Erstaunen. Was hast du denn mit den Kugeln angefangen?

Kaspar
Da sieh, nach den Elstern hab ich zwei verschossen.

Max
Bist du toll?

Kaspar
Es macht mir Spaß, so einen Galgenvogel herunterzulangen! Was kümmert mich die ganze fürstliche Jagd?

Max
So hast du noch eine; gib mir sie!

Kaspar
Daß ich ein Narr wär'! Ich noch eine, du noch eine! Die heb dir fein auf zu dem Probeschuß.

Max
Gib mir deine dritte!

Kaspar
Nein, und wenn du mir zu Füßen fielst!

Max
Schuft!

Kaspar
Immerhin... Jetzt geschwind die sechste Kugel verbraucht. Die siebente, die Teufelskugel, hebt er mir schon zum Probeschuß auf!
Hahaha! Das Exempel ist richtig. Wohl bekomm's der schönen Braut! Dort läuft ein Füchslein; dem die sechste in den Pelz!

Szene II

Agathe (Kavatine)
Und ob die Wolke sie verhülle,
Die Sonne bleibt am Himmelszelt;
Es waltet dort ein heil'ger Wille,
Nicht blindem Zufall dient die Welt!
Das Auge, ewig rein und klar,
Nimmt aller Wesen liebend wahr!
Für mich auch wird der Vater sorgen,
Dem kindlich Herz und Sinn vertraut,
Und wär' dies auch mein letzter Morgen,
Rief' mich sein Vaterwort als Braut:
Sein Auge, ewig rein und klar,
Nimmt meiner auch mit Liebe wahr!

Szene III

Ännchen
Du bist ja so wehmütig; ich glaube gar, du hast geweint? Brauttränen und Frühregen, sagt das Sprichwort, währen nicht lange. Nun, das weiß der Himmel, Regen genug hat's gegeben! Oft dacht' ich' der Sturm würde das alte Jagdschlößchen ganz über den Haufen blasen.

Agathe
Und Max war in diesem schrecklichen Wetter im Walde! Zudem habe ich so quälende Träume gehabt. Hast du nie gehört, daß Träume in Erfüllung gingen?

Ännchen
Fällt mir denn nichts ein, sie zu zerstreuen? Freilich, alles kann man nicht verwerfen! Ich selbst weiß da ein grausenerregendes Beispiel!
(Romanze)
Einst träumte meiner sel'gen Base,
Die Kammertür eröffne sich,
Und kreideweiß ward ihre Nase,
Denn näher, furchtbar näher schlich
Ein Ungeheuer
Mit Augen wie Feuer,
Mit klirrender Kette...
Es nahte dem Bette,
In welchem sie schlief,
Ich meine die Base
Mit kreidiger Nase,
Und stöhnte, ach! so hohl!
Und ächzte, ach! so tief!
Sie kreuzte sich, rief
Nach manchem Angst- und Stoßgebet:
Susanne, Margaret! Susanne! Margaret!
Und sie kamen mit Licht,
Und, denke nur, und Erschrick mir nur nicht!
Und, graust mir doch! Und,
Der Geist war: Nero, der Kettenhund!
(Rezitativ)
Du zürnest mir?
Doch kannst du wähnen,
Ich fühlte nicht mit dir?
Nur ziemen einer Braut nicht Tränen!
(Arie)
Trübe Augen, Liebchen, taugen
Einem holden Bräutchen nicht.
Daß durch Blicke Sie erquicke
Und beglücke
Und bestricke,
Alles um sich her entzücke,
Das ist ihre schönste, schönste Pflicht.
Laß in öden Mauern
Büßerinnen trauern,
Dir winkt ros'ger Hoffnung Licht!
Schon entzündet sind die Kerzen
Zum Verein getreuer Herzen!
Holde Freundin, zage nicht!

Nun muß ich aber auch geschwind den Kranz holen. Horch, da kommen die Brautjungfern schon.

Szene IV
(Volkslied)

Erste Jungfer
Wir winden dir den Jungfernkranz
Mit veilchenblauer Seide;
Wir führen dich zu Spiel und Tanz,
Zu Glück und Liebesfreude!

Alle
Schöner grüner, schöner grüner Jungfernkranz!
Veilchenblaue Seide!
Veilchenblaue Seide!

Zweite Jungfer
Lavendel, Myrt, und Thymian,
Das wächst in meinem Garten;
Wie lang bleibt doch der Freiersmann?
Ich kann es kaum erwarten.

Alle
Schöner grüner, schöner grüner Jungfernkranz!
Veilchenblaue Seide!
Veilchenblaue Seide!

Dritte Jungfer
Sie hat gesponnen sieben Jahr,
Den goldnen Flachs am Rocken;
Die Schleier sind wie Spinnweb klar
Und grün der Kranz der Locken.

Alle
Schöner grüner, schöner grüner Jungfernkranz!
Veilchenblaue Seide!
Veilchenblaue Seide!

Vierte Jungfer
Und als der schmucke Freier kam,
War'n sieben Jahr' verronnen;
Und weil sie der Herzliebste nahm,
Hat sie den Kranz gewonnen.

Alle
Schöner grüner, schöner grüner Jungfernkranz!
Veilchenblaue Seide!
Veilchenblaue Seide!

Szene V

Ännchen
Nun, da bin ich wieder! Aber fast wär' ich auf die Nase gefallen. Kannst du dir's denken, Agathe? Der alte Herr Kuno hat schon wieder gespukt.

Agathe
Fast könnte es mich ängstigen!

Ännchen
Du zitterst auch vor einer Spinne! Nun frisch' noch einmal das Ende des Liedchens!

Chor
Schöner grüner, schöner grüner Jungfernkranz!
Veilchenblaue Seide...

Ännchen
Eine Totenkrone! Das ist nicht zum Aushalten! Da hat die alte halbblinde Frau die Schachteln vertauscht! Aber was fangen wir nun an? Weg damit! Einen Kranz müssen wir haben!

Agathe
Vielleicht ist dies ein Wink von oben; der fromme Eremit gab mir die weißen Rosen so ernst und bedeutend; windet daraus die Brautkrone.

Ännchen
Ein herrlicher Einfall! Singt! Singt doch!

Die Jungfern und Ännchen
Schöner grüner, schöner grüner Jungfernkranz!
Veilchenblaue Seide!
Veilchenblaue Seide!

Szene VI

Jägernchor
Was gleicht wohl auf Erden dem Jägervergnügen?
Wem sprudelt der Becher des Lebens so reich?
Beim Klange der Hörner im Grünen zu liegen,
Den Hirsch zu verfolgen durch d___icht und Teich,
Ist fürstliche Freude, ist männlich Verlangen,
Erstarket die Glieder und würzet das Mahl.
Wenn Wälder und Felsen uns hallend umfangen,
Tönt freier und freud'ger der volle Pokal!
Jo, ho! Tralalalala!

Diana ist kundig, die Nacht zu erhellen,
Wie labend am Tage ihr Dunkel uns kühlt.
Den blutigen Wolf und den Eber zu fällen,
Der gierig die grünenden Saaten durchwühlt,
Ist fürstliche Freude, ist männlich Verlangen,
Erstarket die Glieder und würzet das Mahl.
Wenn Wälder und Felsen uns hallend umfangen,
Tönt freier und freud'ger der volle Pokal!
Jo, ho! Tralalalala!

Ottokar
Genug der Freuden des Mahls, werte Freunde und Jagdgenossen! Ich genehmige sehr gern die Wahl, welche Ihr, mein alter wackerer Kuno, getroffen habt. Der von Euch erwählte Eidam gefällt mir. Wo ist die Braut? Ich habe so viel zu ihrem Lobe gehört, daß ich auf ihre Bekanntschaft recht neugierig bin.

Kuno
Der Zeit nach muß meine Tochter bald hier sein. Doch wollt Ihr mir gnädig Gehör schenken, Herr Fürst, so laßt den Probeschuß vor ihrer Ankunft ablegen. Der Bursch hat seit einiger Zeit ganz besonderen Unstern gehabt. Ich fürchte, die Gegenwart der Braut könne ihn in Verwirrung setzen.

Ottokar
Wer weiß, Alter, ob's uns beiden am Hochzeitstag besser gegangen wäre? Wohlauf, junger Schütz! Einen Schuß, wie heut früh deine drei ersten, und du bist geborgen! Siehst du dort auf dem Zweig die weiße Taube? Die Aufgabe ist leicht. Schieß!

Agathe
Schieß nicht! Ich bin die Taube!

(Finale)

Chor I
Schaut, o schaut!
Er traf die eigne Braut!

Chor II
Der Jäger stürzte vom Baum!

Chor
Wir wagen's kaum. Nur hinzuschaun!
O furchtbar Schicksal, o Graun!
Unsre Herzen beben, zagen!
Wär' die Schreckenstat geschehn'?
Kaum will es das Auge Wagen,
Wer das Opfer sei, zu sehn.

Agathe
Wo bin ich?
War's Traum nur, daß ich sank?

Ännchen
O fasse dich!

Max und Kuno
Sie lebt!

Max, Kuno und Chor
Den Heil'gen Preis und Dank!
Sie hat die Augen offen!

Chor
Hier dieser ist getroffen,
Der rot vom Blute liegt!

Kaspar
Ich sah den Klausner bei ihr stehn;
Der Himmel siegt!
Es ist um mich geschehn!

Agathe
Ich atme noch, der Schreck nur warf mich nieder.
Ich atme noch die liebliche Luft,
Ich atme noch!

Kuno
Sie atmet frei!

Max
Sie lächelt wieder!

Agathe
O Max!

Max
Die süße Stimme ruft!

Kaspar
Du, Samiel, schon hier?
So hieltst du dein Versprechen mir?
Nimm deinen Raub! Ich trotze dem Verderben!
Dem Himmel Fluch! Fluch dir!

Chor
Ha! Das war sein Gebet im Sterben?

Kuno und Chor
Er war von je ein Bösewicht!
Ihn traf des Himmels Strafgericht!

Chor
Er hat dem Himmel selbst geflucht!

Kuno und Chor
Vernahmt ihr's nicht? Er rief den Bösen!

Ottokar
Fort! Stürzt das Scheusal in die Wolfsschlucht!
Nur du kannst dieses Rätsel lösen;
Wohl schwere Untat ist geschehn!
Weh dir, wirst du nicht alles treu gestehn!

Max
Herr, unwert bin ich Eurer Gnade;
Des Toten Trug verlockte mich,
Daß aus Verzweiflung ich vom Pfade
Der Frömmigkeit und Tugend wich;
Vier Kugeln, die ich heut verschoß,
Freikugeln sind's, die ich mit jenem goß.

Ottokar
So eile, mein Gebiet zu meiden,
Und kehre nimmer in dies Land!
Vom Himmel muß die Hölle scheiden,
Nie, nie, empfängst du diese reine Hand!

Max
Ich darf nicht wagen,
Mich zu beklagen;
Denn schwach war ich,
Obwohl kein Bösewicht.

Kuno
Er war sonst stets getreu der Pflicht!

Agathe
O reißt ihn nicht aus meinen Armen!

Jägern
Er ist so brav, voll Kraft und Mut!

Bauern
O er war immer treu und gut.

Ännchen
Gnädigen Herr' o habt Erbarmen!

Ottokar
Nein, nein, nein!
Agathe ist für ihn zu rein!
Hinweg, hinweg aus meinem Blick!
Dein harrt der Kerker,
kehrst du je zurück!

Heremit
Wer legt auf ihn so strengen Bann?
Ein Fehltritt, ist er solcher Büßung wert?

Ottokar
Bist du es, heil'ger Mann,
Den weit und breit die Gegend ehrt?
Sei mir gegrüßt, Gesegneter des Herrn!
Dir bin auch ich gehorsam gern.
Sprich du sein Urteil; deinen Willen
Will treulich ich erfüllen.

Heremit
Leicht kann des Frommen Herz auch w___en
Und überschreiten Recht und Pflicht,
Wenn Lieb' und Furcht der Tugend Schranken,
Verzweiflung alle Dämme bricht.
Ist's recht, auf einer Kugel Lauf
Zwei edler Herzen Glück zu setzen?
Und unterliegen sie den Netzen,
Womit sie Leidenschaft umflicht,
Wer höb' den ersten Stein wohl auf?
Wer griff' in seinen Busen nicht?
Es finde nie der Probeschuß mehr statt!
Ihm, Herr, der schwer gesündigt hat,
Doch sonst stets rein und bieder war,
Vergönnt dafür ein Probejahr!
Und bleibt er dann, wie ich ihn stets erfand,
Dann werde sein Agathes Hand!

Ottokar
Dein Wort genüget mir.
Ein Hör'rer spricht aus dir.

Alle
Heil userm Herrn, er widerstehet nicht
Dem, was der fromme Klausner spricht!

Ottokar
Bewährst du dich, wie dich der Greis erfand,
Dann knüpf ich selber euer Band!

Max
Die Zukunft soll mein Herz bewähren,
Stets heilig sei mir Recht und Pflicht!

Agathe
O lest den Dank in diesen Zähren,
Das schwache Wort genügt ihm nicht!

Ottokar, Heremit
Der über Sternen ist voll Gnade,
Drum ehrt es Fürsten, zu verzeihn!

Kuno
Weicht nimmer von der Tugend Pfade,
Um eures Glückes wert zu sein!

Ännchen
O dann, geliebte Freundin, schmücke
Ich dich aufs neu zum Traualtar!

Heremit
Doch jetzt erhebt noch eure Blicke
Zu dem, der Schutz der Unschuld war!

Alle
Ja, laßt uns zum Himmel die Blicke erheben
Und test auf die Lenkung des Ewigen baun!

Agathe, Ännchen, Max, Ottokar, Kuno und Heremit
Wer rein ist von Herzen und schuldlos im Leben,
Darf kindlich der Milde des Vaters vertraun!

Alle
Ja, laßt uns die Blicke erheben
Und fest auf die Lenkung des Ewigen baun,
Fest der Milde des Vaters vertraun!
Wer rein ist von Herzen und schuldlos im Leben,
Darf kindlich der Milde des Vaters vertraun!

ENDE

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